Grizzly
Der Grizzlybär (Ursus arctos horribilis) ist eine in Nordamerika lebende Unterart des Braunbären. Ging man in früherer Zeit noch von zahlreichen verschiedenen Unterarten auf diesem Kontinent aus, so werden heute in der Regel alle dort lebenden Braunbären mit Ausnahme der Kodiakbären als Grizzlybär bezeichnet.
Die Fellfärbung und die Größe dieser Tiere variieren in ihrem Verbreitungsgebiet. Der Begriff „grizzly“ (aus dem Englischen für „gräulich“) spricht auf das weißgrau gesprenkelte Oberfell an, das besonders Tiere in den Rocky Mountains aufweisen, Grizzlys können aber auch gelbbraun, dunkelbraun oder fast schwarz gefärbt sein. Die Farbe hängt vor allem vom Lebensraum, im Speziellen von der Nahrung und vom Klima, ab. Die Größe nimmt generell von Norden nach Süden ab, während sie im Norden bis zu 680 Kilogramm wiegen können, sind die Tiere im Süden mit 80 bis 200 Kilogramm bedeutend leichter. Überall sind allerdings die Männchen deutlich schwerer als die Weibchen, durchschnittlich um das 1,8-fache. Die Kopfrumpflänge der Grizzlybären beträgt 1,5 bis 2,5 Meter, sein Schwanz misst 10 bis 12 Zentimeter. Bei den Schultern ist er 1,5 Meter hoch.
Der Körperbau entspricht dem der übrigen Bären, der Körper ist stämmig, die Gliedmaßen lang und kräftig. Die Füße tragen jeweils fünf nicht einziehbare Krallen. Wie alle Bären sind Grizzlys Sohlengänger. Der Schwanz ist ein kurzer Stummel, der Kopf ist massiv und rund. Wie alle Braunbären weist er einen Höcker am Nacken auf, der aus einer kräftigen Muskelmasse besteht. Diese braucht er, um seine Vorderpranken wirkungsvoll einzusetzen. Mit seinen Pranken jagt er, fängt Lachse, wendet Steine zur Nahrungssuche und gräbt Höhlen. Neben dem Buckel am Nacken ist die stärker vom Kopf abgesetzte Schnauze ein Kennzeichen, das ihn vom oft gleichgefärbten Amerikanischen Schwarzbär unterscheidbar macht.
Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet der Grizzlybären umfasst weite Teile des westlichen und mittleren Nordamerika. Er stammt von einer eurasischen, über die zeitweise trockene Beringstraße eingewanderten Braunbärenpopulation ab.
Der Rückgang der Populationen begann möglicherweise bereits, als die Indianer dank der von den Spaniern eingeführten Pferde ihre Jagdtechniken verfeinerten. Mit der großflächigen Besiedlung des Landes durch die Europäer ging dann ein drastischer Rückgang der Bestandszahlen und des Verbreitungsgebietes einher. In Kanada sind sie ebenfalls aus den mittleren Landesteilen verschwunden und kommen heute nur mehr in Britisch-Kolumbien, dem westlichen Alberta und in den nördlichen Territorien vor. Im dünn besiedelten Alaska sind sie noch relativ häufig. Die heutige Gesamtpopulation wird auf rund 50.000 Tiere geschätzt.
Grizzlybären sind normalerweise nachtaktive Einzelgänger. Nur bei besonders üppigem Nahrungsangebot, wie in beerenreichen Regionen oder Flüssen während der Lachslaiche, kommt es manchmal zur Ansammlung vieler Tiere.
Trotz seines massigen Körperbaus kann er mit einer Geschwindigkeit von über 60 km/h rennen. Außer bei der Jagd tappt er allerdings meist gemächlich dahin. Normalerweise geht er auf allen Vieren. Zum besseren Überblick kann er sich auf die Hinterpranken stellen und so auch einige Schritte gehen.
Grizzlys halten während der kalten Jahreszeit eine Winterruhe. Da die Körpertemperatur nur wenig zurückgeht und sie leicht aufzuwecken sind, spricht man nicht von einem echten Winterschlaf. Um sich darauf vorzubereiten, legen sie im Spätsommer und Herbst einen Fettvorrat an.
Grizzlybären sind wie die meisten Bären Allesfresser. An pflanzlicher Nahrung stehen Gräser, Kräuter, Schösslinge, Blüten, Wurzeln, Knollen, Nüsse und Pilze auf ihrem Speiseplan; im Sommer und Herbst machen Beeren einen wichtigen Bestandteil ihrer Nahrung aus. An fleischlicher Nahrung nehmen sie unter anderem Insekten und deren Larven, Vögel und deren Eier sowie Nagetiere, beispielsweise Hörnchen, Lemminge, Taschenratten und Wühlmäuse zu sich. In stärkerem Ausmaß als eurasische Tiere jagen sie auch Großsäuger wie Elche, Rentiere, Wapitis, Bisons, Weißwedelhirsche und Gabelböcke. Wo verfügbar, reißen sie manchmal Weidetiere wie Schafe, Ziegen und Rinder.
Bei Grizzlybären, die an den Pazifikküsten des Nordens leben, machen Lachse während ihrer Laichwanderungen flussaufwärts einen bedeutenden Teil der Ernährung aus. Diese proteinreiche Nahrung ist vermutlich dafür verantwortlich, dass die Tiere im Norden bedeutend größer werden als ihre im Binnenland lebenden Artgenossen.
Die Weibchen bringen etwa jedes zweite Jahr zwischen einem und vier, meist aber zwei Junge zur Welt.
Aufgrund seiner großen Kraft kann ein einziger Biss oder Prankenhieb eines Bären beim Menschen schwere Verletzungen oder sogar den Tod verursachen. Für gewöhnlich greifen sie Menschen selten an, sondern fliehen, wenn sie Menschen nahen hören. Es gibt jedoch Situationen, in denen sie gefährlich werden können. Dazu zählen die Begegnung mit verletzten Tieren; mit Müttern, die Jungtiere bei sich haben; mit Tieren, die an Kadavern fressen; oder wenn der Mensch einen Hund bei sich hat.
Es gibt eine Reihe von Verhaltensregeln, die von den Nationalparkverwaltungen herausgegeben werden. Durch Lärm wie Sprechen, Singen oder ein Glöckchen am Fußgelenk soll verhindert werden, dass der Bär überrascht und erschreckt wird. Provokatives oder bedrohendes Verhalten sollte vermieden werden, dazu zählen auch Versuche, das Tier zu verscheuchen. Im Fall eines Angriffes soll man nicht weglaufen, sondern ruhig auf das Tier einreden und rückwärts davongehen. (Wer die Nerven dazu hat!). Oft sind es Scheinangriffe um Eindringlinge zu verjagen.
Trotzdem kommt es nahezu jedes Jahr zu vereinzelten Todesfällen, die allerdings meist auf Provokationen zurückzuführen sind.

